Tutorial » Aquarell - Haar ColorationGeschrieben von StardustLotus am 07.12.20

Dieses Tutorial befasst sich ausschließlich mit der Coloration von Haaren in Aquarell.
Wenn ihr unser Aquarell Basics Tutorial sehen möchtet, klickt hier:
Aquarell Basics

Ab hier startet das Haar Coloration in Aquarell Tutorial!

Um für dieses Tutorial gut gerüstet zu sein, benötigt ihr folgende Dinge:



1. eure Zeichnung
2. einen Pinsel (in meinem Fall ein Wassertankpinsel)
3. ein separates Glas Wasser
4. Aquarellfarben
5. ein sauberes Küchentuch
6. ein Küchentuch, dass ihr zum reinigen eures Pinsels verwendet

Stellt sicher, dass euer Glas Wasser auf einem stabilen Untergrund steht. Sicher möchtet ihr nicht, dass beim Colorationsprozess das Wasser auf euer Werk fällt! Anstelle des Küchentuches kann auch ein Mikrofasertuch verwendet werden, dass ihr in der Waschmaschine einfach auswaschen könnt. In meinem Fall habe ich kein Mikrofasertuch vorliegen. Es empfiehlt sich auch, einen Aquarellkasten mit den Grundfarben zu besitzen, um diesem Tutorial folgen zu können. Ansonsten lassen sich Aquarellfarben ganz einfach anmischen! Für dieses Bild hatte ich alle notwendigen Farben als Näpfchen vorliegen.

Dies ist auch kein "klassisches" Aquarell Tutorial im Sinne des Erfinders, sondern für meine persönliche Arbeitsweise angepasst. Natürlich könnt ihr Schritte weglassen oder variieren, ganz wie es euch für euer Kunstwerk gefällt. Wie immer, soll dieses Tutorial unterstützend für euch sein!

Starten wir mit der Aquarell Haar Coloration!

Im ersten Schritt, lege ich mit den hellsten Farben im Kasten fest, wo die Glanzlichter ungefähr liegen werden. Da man im Aquarell die Farben aufschichtet, empfiehlt es sich immer mit dem hellsten Farbton anzufangen, um dann mit dem mittleren und dunkelsten Farbton Tiefe und Dynamik ins Bild einzuarbeiten. Ihr müsst euch gerade am Kopfteil eine Art Heiligenschein vorstellen, die über dem Kopf des Charakters schwebt. An dieser Stelle tragt ihr in Ringform grob die hellsten Stellen auf:



Um für die Details der Haare gewappnet zu sein, stellt sicher, dass ihr eure Pinselspitze so spitz wie möglich bekommt. Dies ist ganz einfach mit eurem Glas Wasser möglich, in dem ihr den Pinsel eintaucht und am Rande des Glases in kreisenden Bewegungen die Härchen in Form bringt. Wenn ihr dann euren ersten Mittelton anlöst, könnt ihr euren Pinsel erneut am Glasrand in Form bekommen.



Für dieses Bild hat der Charakter zwei gepflochtene Zöpfe. Um euch den Fluss der Haare zu verdeutlichen, habe ich mit pinken Pfeilen die Fallrichtung der Zöpfe eingezeichnet. Dies verhält sich im Übrigen mit sämtlichen Frisuren so. Die Haare fallen Dank der Schwerkraft nach "unten"- versucht dabei in einem lockeren Strich die Dynamik der Haare einzufangen. Dies geht am leichtesten aus dem Handgelenk. Solltet ihr Schwierigkeiten haben, Frisuren zu verstehen, sucht euch Referenzbilder und beobachtet die Art und Weise wie das Haar fällt genau. Die gepflochtenen Zöpfe fallen immer in die Mitte zum Knoten hin, so arbeitet ihr die erste Mittelschicht aus.



Achtet beim Auftragen des mittleren Farbtons darauf, dass ihr den hellsten Ton durchscheinen lasst. Arbeitet um den Lichtkranz herum und setzt mit feinen Strichen die Farbe der Hauptfarbe. Wie man sieht, habe ich nicht an allen Stellen, die ich für mich beim Colorieren als hellste Stelle empfunden habe, die hellste Farbe aufgetragen. Man sieht in der Markierung der pinken Kreise, dass die Farbe an dieser Stelle nicht vorhanden ist.



Da mich dies persönlich stört, habe ich erneut die hellste Farbe an den fehlenden Stellen nachgetragen und die Coloration damit vervollständigt. Ein schöner Nebeneffekt dabei ist, dass sich die Farblinien dabei ein wenig aufweichen und damit die Haare einen "weichen" Effekt bekommen. Die Änderungen seht ihr wieder innerhalb der pinken Kreise.



Der nächste Tipp ist vielleicht ein wenig "Captain Obvious", also "Kapitän Offensichtlich", aber dennoch ist er sehr hilfreich. Dreht euer Bild beim Colorieren in die gewünsche Position, um den bestmöglichsten Effekt zu erreichen. Wir haben alle eine Seite, die für uns stärker liegt, warum diese Stärke nicht nutzen? Dreht das Bild für euch in eine gute Arbeitsposition, wie es eurer Handposition am leichtesten fällt.



Auch in diesem Fall habe ich "Löcher" in der hellen Coloration entdeckt, die ich wie vorhin beschrieben, mit der hellsten Farbe noch einmal auffülle und damit korrigiere:



Soweit so gut! Damit sind die Zöpfe und der untere Haarkranz fertig coloriert. Es empfiehlt sich zwischen den Schritten die Farben trocknen zu lassen, um ein verwischen mit dem Handballen zu vermeiden. Somit könnt ihr euch dann auch sicher sein, dass die Arbeit die ihr euch gemacht habt nicht umsonst war. Gerade bei Aquarell kann es schnell passieren, dass man Farbe mit dem Handballen aufnimmt und unbewusst auf einen anderen Teil des Bildes "stempelt". Stellt also sicher, dass die Farben schön getrocknet sind, bevor ihr weitermacht - dies gibt dann auch den Anime Effekt. Oft arbeitet man im Aquarell eher nass in nass, aber bei Details wie Haaren empfiehlt es sich im Arbeitsprozess die Fläche trocknen zu lassen.



Gehen wir nun den Schopf der Figur an! Was die Haare schön realistisch aussehen lässt ist, wenn man bei der Coloration darauf achtet, dass einzelne Strähnen über größere Strähnen überlappen. Dies gibt der Frisur eine schöne Tiefe und lässt die Haare noch ein wenig plastischer wirken, auch wenn das Bild nur 2 dimensional ist!



Um den Haarfluss wieder zu verdeutlichen, habe ich erneut pinke Pfeile zur Orientierung für euch eingezeichnet. Wie ihr seht, konzentrieren sich die Pfeile vor allem an einer Stelle - dem sogenannten Wirbel. Jeder Mensch hat einen Haarwirbel (oder auch sogar mehrere!) aus diesem die Haare wachsen. Der Wirbel bestimmt die Fallrichtung der Haare, was sich in diesem Bild rechts oben befindet. Wie ihr sehen könnt, fällt das Haar stets nach unten, aber durch die Kurzhaarfrisur "flippen" auch einige Härchen nach oben. Mit diesen könnt ihr die Haare fluffig und dynamisch darstellen! Natürlich fallen die Haare Dank Schwerkraft nach unten, aber würde man diese so immer zeichnen, würden diese aussehen als hätte man frisch geduscht. Ein guter Mix zwischen Schwerkraft und Schwerelosigkeit ist hier gefragt, um der Frisur Leben einzuhauchen.



Mit dem neu gewonnenen Wissen stellen wir also den letzten mittleren Farbton fertig und haben damit eine zwei dimensionale Coloration vorbereitet. Auch hier lassen wir die Farbe wieder gut antrocknen, bevor wir damit anfangen die letzte, dunkelste Coloration aufzutragen.



Man sagt ja immer so schön "zuviele Köche verderben den Brei". Da der Farbverlauf von Indigo ins Türkisene übergeht, was von Blau zu Blaugrün übergeht, musste ich dabei aufpassen, nicht zu viele neue Farben ins Spiel zu bringen. Meine Überlegung war daher, den mittleren Ton aus dem mittleren Teil am Ende der Zöpfe zu verwenden, den mittleren Ton aus dem obersten Teil im mittleren Teil und eine neue, dunklere Farbe im oberen Bereich der Frisur zu verwenden. Damit bleibt man im selben Farbkreis, ohne unnötig neue Farben ins Bild zu bringen und es fühlt sich homogener an. Im diesem Bild sehr ihr, dass ich den tiefen Schatten auf der rechten Seite bereits eingearbeitet habe, während links noch auf seine Coloration wartet. Man sieht hier bereits, dass der dritte Farbton dem Zopf eine plastische Form verleiht. Dies mache ich auf allen Haarteilen so weiter.



Wir haben es fast geschafft! Was mir nun im oberen Teil der Coloration auffällt ist, dass der Schatten auf dem hellen Teil sehr stark und scharf fällt. Noch gefällt mir dies nicht wirklich und ich überlege, wie ich dieses Problem für mich lösen kann. Wie man gut in der Markierung erkennen kann, wirkt es an dieser Stelle recht künstlich, der Übergang will nicht so recht dem Auge schmeicheln.



Um den Übergang die Härte zu nehmen, habe ich mich entschlossen, die mittlere Farbe aus dem unteren Teil der Zöpfe, in den Haarkranz einzuarbeiten, damit die Farben einfach wenig "aufzuweichen" und der Frisur die Hartkantigkeit damit zu nehmen. Sobald man hellere Farbe auf dunklere aufträgt, löst sich die dunklere natürlich automatisch mit an. Dieses Ergebnis gefällt mir sehr viel besser und ich arbiete dies in sämtlichen Teilen der zu harten Coloration ein.



Im Gesamtergebnis sieht die Haarcoloration dann so aus:



Durch das Hinzufügen der Farbe, hat der Schopf eine nun weichere Ausstrahlung, es passt zu seinen Zopfenden und wirkt nicht befremdlich. Im Gesamteindruck stellt man die Wirkung sehr gut fest, daher empfiehlt es sich auch im Colorationsprozess das Bild hoch- und von sich wegzuhalten, um zu erfasssen, welche Wirkung es auf einen ausübt. In diesem Fall kann man vieles noch ändern oder einen Arbeitsschritt anpassen, damit die Wirkung eurem Gusto entspricht.

Wie ihr gesehen habt, habe ich für dieses Bild keine Lineart verwendet, sondern direkt auf der Skizze coloriert. Das ist ein riesiger Pluspunkt beim Aquarell - wenn man mit der Farbe über Bleistift coloriert, verstopft es keine Poren - so wie es bei Markern der Fall ist. Mit unterschiedlichen Linern setze ich dann die Lineart um das Bild herum, füge ein paar einzelne Haarsträhnen hinzu, um einen realistischeren Look zu bekommen. Highlights runden das Bild letztlich ab.

Fertig ist der gute Venti!



Ich hoffe, euch hat dieses sehr ausführliche Tutorial geholfen! Denkt daran, wenn ein Schritt euch nicht zusagt, könnt ihr diesen natürlich immer für eure Arbeitsweise variieren. Für mich hat sich diese Arbeitsweise bewährt und habe diese schon ein paar Mal ausprobieren können.

Der Wunsch für dieses Tutorial kam von einer Userin auf unserem Discord, daher hoffe ich, dass der Wunsch für die Wünschende gut erfüllt werden und ich dir damit weiterhelfen konnte!